
Zwei neue Keyboards für Evita
Im Unterschied zu Opernproduktionen werden im Musical fast immer Synthesizer eingesetzt. Was an Broadwaytheatern aus Kostengründen eingeführt wurde, gehört heute zu fast jedem Musical und erzeugt den typischen und unverwechselbaren Klang dieses Genres. Wenn nun die Oper Bern Evita von Andrew Lloyd Webber spielt, muss das BSO punkto Keyboards aufrüsten.
Zuerst stutzt man, wenn plötzlich die Oboe aus dem Keyboard klingt. Und gleich darauf die Harfe. Aber das Keyboard übernimmt auch ganze Instrumentensektionen wie die Horn- oder Posaunengruppen. Tatsächlich wagen sich die Musiker*innen des BSO und Kapellmeister Hans Christoph Bünger an eine neue Art von Ton, wenn sie sich nun auf die Premiere von Evita von Andrew Lloyd Webber vorbereiten.
«Ein Musical fordert die Musiker*innen anders heraus»
Alle Instrumente, auch die klassischen, werden über Mikro abgenommen, und mit den elektronisch erzeugten Sounds von E-Bass, E-Gitarre, E-Drum und eben E-Piano zusammengemischt. Das BSO besass bisher nur ein E-Piano, für Evita wurden zwei neue gekauft, die HC Bünger in tagelanger Feinarbeit so programmierte, dass sie genau die Samples spielen können, die es für Evita braucht. Es ist auch eine Investition in die Zukunft: Künftig möchten die Bühnen Bern pro Saison ein Musical zeigen.
«Ein Musical fordert die Musiker*innen anders heraus», sagt Bünger. Für einen Musiker des BSO, der täglich mit Mozart, Beethoven, Brahms und Mahler umgehe, stelle die eigene Stimme nicht zwangsläufig eine grosse technische Herausforderung dar – die Herausforderung liege hier eher in der Erzeugung von bestimmten Farben im Spiel und in Rhythmen, die in der Popmusik beheimatet sind – im klassischen Repertoire aber in dieser Form nicht anzutreffen seien. Für ihn als Kapellmeister habe diese Art von Spiel aber auch grosse Vorteile: «Sobald der Schlagzeuger spielt, kann ich mich auf anderes konzentrieren, denn der Rhythmus ist da.» Und ganz grundsätzlich freue er sich am üppig besetzten BSO. Die Anwesenheit der Synthesizer würden nämlich nicht nur von einem bestimmten Sound zeugen, der mit dem Musical einhergeht, sondern auch von der Notwendigkeit gewisser Musicaltheater, beim Orchester zu sparen und Instrumente von den Keyboards ersetzen lassen zu müssen.
Und wie ist es für die klassischen Musiker, in die Musicalwelt einzutauchen? «Es macht viel Spass, so in die Saison zu starten», sagt Bünger. Die Stimmung in den Proben sei fröhlich. Und für ihn sei es ein grosser Ansporn, diesen «echten» Broadway-Sound zu erzeugen.
Wie das klingt, kann das Publikum an den Vorstellungen von Evita im Stadttheater erfahren. Premiere ist am 12. September 2021 um 18 Uhr.