In seinen choreografischen Arbeiten zeigt sich Po-Cheng Tsais Faszination für mythologische Figuren. Nachdem er bereits ein Stück über Odins Raben, Niflheim oder den zweiköpfigen Hund Orthrus geschaffen hat, widmet er sich in seiner neusten Arbeit Aegir dem Meeresriesen aus der nordischen Mythologie. Aegir ist den Göttern sehr nahe, er bewirtet sie, ist selbst mit einer Meeresgöttin verheiratet und Vater der neun Aegirstöchter, die unterschiedliche Qualitäten von Meereswellen darstellen sollen. Als ein Herrscher der Weltmeere ist Aegir oft wild und aufbrausend, wie auch das Meer nicht immer ruhig und sanft ist. Der Choreograf verbindet in dieser Arbeit seine Liebe zum Wasser und zum Ozean mit dieser mythischen Gestalt. Er lässt das Ensemble von Bern Ballett wortwörtlich abtauchen, in ein Universum aus Bewegungen, die sich aus dem Thema Wasser ergeben. Ausgegangen ist Po-Cheng Tsai in seiner Bewegungsfindung von zwei Gesten: Betenden Händen und mit Fingern geformten Hummer-Scheren. Er verbindet diese Elemente zu kraftvollem zeitgenössischem Tanz – rhythmisch und impulsiv.
Mauro Astolfi hat mit Postlude eine Art Kammerstück für fünf Tänzer*innen choreografiert. So wie der Begriff Postludium im musikalischen Kontext das Nachspiel bezeichnet, so will Astolfi in seiner Choreografie seine Figuren in einer Situation zeigen, in der sie mit etwas abschliessen oder auch Vorausgegangenes ordnen. «Wir sind vom Drang getrieben, Lösungen zu suchen und eine endgültige Ordnung zu finden. Der Wunsch, den Verstand zum Schweigen zu bringen, das Übermass an Bewegung, das Rauschen der Aussenwelt zu verarbeiten – nach diesem Gefühl suche ich in diesem Stück», sagt der Choreograf über diese Arbeit. Astolfis präzise und detailgenaue Bewegungssprache gibt den Blick frei auf intime, energetisch hoch aufgeladene, fast schon existenziell anmutende Erzählungen, die aus dem tiefen Unbewussten der Protagonist*innen nach aussen drängen.
Schönheit und Deformation, Leichtigkeit und Schwere, Körperkontrolle und Freiheit – in ihrem faszinierenden Werk bODY_rEMIX/les_vARIATIONS_gOLDBERG – excerpts dekonstruiert Marie Chouinard auf irritierende Weise die Traditionskunst Ballett. Sie zeigt das Streben nach tänzerischer Perfektion und thematisiert dabei gleichzeitig die Verletzlichkeit und die Begrenzungen des menschlichen Körpers, aber auch die Überwindung dieser Einschränkungen mithilfe von Krücken, Prothesen, Stangen und Seilen. Mit Spitzenschuhen an Händen und Füssen lässt sie die Tanzenden erforschen, welche Bewegungsmöglichkeiten sich ihnen über das klassische Schrittmaterial hinaus bieten. Die Formensprache des Balletts wird dadurch auf einzigartige Weise verfremdet. Das Stück kann auch als ein Sinnbild über die Bedingungen der menschlichen Existenz gelesen werden, die in der physischen Wirklichkeit gefangen ist und gleichzeitig nach Vollkommenheit und Freiheit strebt.
Spieldaten
30' vor Vorstellungsbeginn
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