Estefania Miranda
Estefania Miranda, in Chile geboren, erhielt mit 15 Jahren ein Stipendium und absolvierte ihr Tanzstudium in Edinburgh/Schottland und an der Hochschule der Künste Tilburg/Niederlande. Bereits im 3. Studienjahr wurde sie Solistin der Ismael Ivo Company am Deutschen Nationaltheater Weimar. Ismael Ivo, der enfant terrible des politischen Tanztheaters, Mitbegründer des Impuls Dance Festival Vienna sowie Direktor der Biennale Venice/Dance, schuf für sie eindrückliche Rollen, wie z.B. Medea in Medeamaterial nach Heiner Müller. Besondere Aufmerksamkeit erregten die Produktionen Der nackte Michelangelo unter der Regie von George Tabori an der Schaubühne Berlin und Auswanderungen, basierend auf einer gemeinsamen Idee Ivos und Heiner Müller zu Antonin Artaud. Es folgen internationale Tourneen. Während dieser Zeit entwickelte Estefania Miranda erste eigene Choreografien für das Deutsche Nationaltheater Weimar und war 1998-2001 Dozentin der Hochschule der Künste Leipzig. 2000 holte die Regisseurin Susanne Lietzow sie als Schauspielerin in das Ensemble des Deutschen Nationaltheater Weimar und es entstand eine langjährige Zusammenarbeit, in der sie immer wieder Hauptrollen, wie z.B. Marie in Woyzeck, spielte. Ab 2003 folgten Projekte als Tänzerin und Schauspielerin u.a. am Schauspiel Hannover, Theater Phönix Linz, mit Marina Abramovic in Paris und Hans van den Broeck, Mitbegründer von Les Ballets C de la B, in Wien. 2009 gründete sie die Company Estefania Miranda und erwarb ein eigenes Produktionszentrum mit Bühne und Café in Berlin. Parallel zu ihrer choreografischen Arbeit wurde sie 2010 Kuratorin für Tanz am Deutschen Nationaltheater Weimar und Künstlerische Leiterin des Internationalen Tanzfestivals Weimar. 2013 wechselte Estefania Miranda als Direktorin zum Bern Ballett, bei dem ihre Arbeit als Choreografin und Kuratorin für stets ausverkaufte Vorstellungen sorgte. Besondere Anerkennung erhielten ihre immersiven Choreografien Vier Jahreszeiten und La Divina Comedia, bei denen die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauersaal aufgehoben wurden. Unter ihrer Leitung konnte eine China Tournee realisiert und neue Probenräume bezogen werden. Ausserdem erhielt das Ensemble 2015 den Schweizer Tanzpreis für aktuelles Tanzschaffen sowie 2019 den Pro Senectute Preis für die Arbeit mit Senioren. Sie gründete das Festival zur Nachwuchsförderung «Tanzplattform Bern» und implementierte umfassende medizinische Betreuung für Ensemblemitglieder sowie als erste Schweizer Tanzcompany einen Umschulungsfond. Ende 2021 trat Estefania Miranda aus gesundheitlichen Gründen zurück und war ab Frühjahr 2022 als kuratierende Beraterin für die Spielzeiten 2023/24 und 2024/25 weiter für Bern Ballett tätig. 2023 gründete sie in Costa Rica ein Tanzprojekt zur Erforschung der Tanzrituale des indigenen Stamms der Maleku und entwickelt ein Tanzprojekt in Nikosia/Zypern, der letzten geteilten Hauptstadt der Welt. In ihrer spartenübergreifenden, immersiven Arbeit entwirft sie bildgewältige Produktionen, die mit Theaterkonventionen brechen und gesellschaftskritische Fragen über Kolonialismus, Rassismus und Umweltzerstörung stellen.