1. Kammermusikkonzert
Aufgrund eines Unfalls musste Bratschistin Gabrielle Lafait für dieses Konzert absagen. Für sie springt ein Raphaël Pagnon vom Quatuor Agate. Daher musste auch das Programm geändert werden.
«Sonnenquartette» - so lautet der Beiname der sechs Streichquartette op. 20 von Joseph Haydn. Diese Bezeichnung geht ihrem Ursprung nach zwar lediglich auf das Titelblatt einer frühen Ausgabe zurück, das kunstvoll mit einer aufgehenden Sonne verziert ist, dennoch ist dieser illustre Titel überaus passend: Mit seinem Opus 20 begibt sich Haydn in neue Sphären, führt unterschiedliche, teils divergierende Satztechniken zusammen, schöpft die klanglichen Möglichkeiten des Ensembles voll aus und verleiht den einzelnen Werken eine gänzlich neue Dramatik und Ausdruckstiefe. «Von dieser Nummer an erscheint Haydn in seiner ganzen Grösse als Quartetten-Komponist», schreibt schon das 1812 erschienene Lexikon der Tonkünstler von Ernst Ludwig Gerber.
Das zweite der Quartette ist geradezu ein Paradebeispiel dieser kompositorischen Entwicklung: Es beginnt zwar noch verhältnismässig traditionell mit einem spielfreudigen, melodisch gesanglichen Moderato, aber schon der zweite Satz verlässt die gewohnten Bahnen. Rezitativische und ariose Passagen stehen sich hier gegenüber. Diese unterschiedlichen Charaktere finden ihre Entsprechung im Menuett mit kontrastierendem Trio-Teil. Das Finale schliesslich ist eine veritable Fuge über vier verschiedene Themen, die ganz am Schluss in einer emphatischen Stretta zusammengeführt werden — ein überaus effektvoller Abschluss.
Ein ländlicher Aufenthalt in der Nähe von Potsdam diente Felix Mendelssohn 1827 für die Komposition seines a-moll-Quartetts op. 13. Dieses Streichquartett ist damit das Werk eines Jugendlichen, der im zarten Alter von gerade einmal 18 Jahren allerdings schon auf eine beeindruckende Karriere als Wunderkind (einschliesslich des legendären Besuches bei Goethe in Weimar) sowie auf grosse Kompositionen wie die Ouvertüre zu Shakespeares Sommernachtstraum zurückblicken konnte.
Mit einem Adagio hebt der erste Satz des Quartettes an; Mendelssohn greift hier auf ein wenig zuvor komponiertes Klavierlied mit dem Titel Ist es wahr? zurück. Im Zentrum des langsamen zweiten Satzes findet sich eine ausgefeilte Fuge, die schliesslich in eine rezitativische Passage der ersten Violine mündet. Auch das Intermezzo im dritten Satz ist polyphon angelegt. Das Finale schliesslich greift die Themen des zweiten Satzes und der Einleitung noch einmal auf und rundet das Werk so im Sinne einer zyklischen Durchdringung und Zusammenfassung ab.
Das Jahr 1842 ist das sogenannte Kammermusikjahr im Schaffen Robert Schumanns. Im Juni und Juli vollendet der Komponist seine drei Streichquartette op. 41. Nur acht Tage braucht es für die Komposition des ersten dieser drei Werke, das a-moll-Quartett. Vorangegangen ist allerdings eine sehr intensive Auseinandersetzung mit der Gattung, insbesondere mit den Quartetten Beethovens, Haydns und vor allem Mendelssohns, mit dem Schumann eine enge Freundschaft verband (ihm sind die Quartette deshalb auch gewidmet).
Ein imitatorisch geführter Satz steht am Beginn in der langsamen Einleitung. Haupt- und Seitenthema entwickeln sich organisch auseinander und münden in eine reiche Durchführung. Das Scherzo, das in vielem an Mendelssohn erinnert, ist thematisch-motivisch mit dem Kopfsatz verwandt; auch in den Begleitstimmen des langsamen dritten Satzes setzt sich diese motivische Verknüpfung fort. Das abschliessende Presto beginnt in der Grundtonart a-Moll - ein überaus brillantes Finale, dessen fulminantes Ende durch einen besonderen Kniff hinausgezögert wird: In einer kurzen Moderato-Episode scheint über Bordunklängen ein dudelsackartiges Thema auf, gefolgt von choralartigen Pianissimo-Akkorden. Danach folgt ein umso kraftvollerer Schluss.
Christian Müller
Quatuor Hanson
Das Streichquartett Quatuor Hanson wurde 2013 am Nationalen Konservatorium von Paris (CNSMDP) gegründet, wo es in der Klasse von Jean Sulem studierte. Es wird regelmässig von Hatto Beyerle, Johannes Meissl und dem Quatuor Ébène betreut. Beim 11. Internationalen Wettbewerb für Streichquartett in Lyon im April 2015 wurde es mit einem 3. Preis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Beim Europäischen Wettbewerb der Musikensembles (der FNAPEC) gewann es ein Stipendium der Akademie der Schönen Künste. Seit 2015 sind die vier MusikerInnen «Artists in Residence» der Stiftung «Singer-Polignac». Mit ihrem grossen Interesse an Quellen- und Urtextforschung haben sie sich ein breites Wissen – besonders über Zeit und Werke Joseph Haydns – und entsprechendes Repertoire erarbeitet. Das Quartett tritt regelmässig in den bekannten Konzerthallen Frankreichs (Oper von Lyon, Salle Cortot, Cité de la Musique u.a.) und in ganz Europa auf.