3. Kammermusikkonzert
Das 2016 am Conservatoire National Supérieur de Paris gegründete Trio Pantoum hat sich in Europa und darüber hinaus als eines der führenden jungen Kammermusiken¬sembles der Gegenwart etabliert. Hugo Meder (Violine), Bo-Geun Park (Violoncello) und Kojiro Okada (Klavier) sind bereits Preisträger zahlreicher bedeutender internationaler Auszeichnungen. 2021 gewannen sie den ersten Preis des Internationalen Joseph Haydn Kammermusik Wettbewerbs in Wien und 2023 den ersten Preis beim Concours Inter-national de Musique de Chambre de Lyon. Das Trio Pantoum gewann beim 72. Internationalen Musikwettbewerb der ARD den dritten Preis. Das Trio arbeitete mit Künstler*innen wie Pierre Fouchenneret, Miguel Da Silva und Paul Zientara, Ann Lepage, Aleksandra Dzenisenia und dem Nerida Quartett zusammen. Die Musiker studierten u. a. bei Patrick Jüdt, Hatto Beyerle, Johannes Meissl, Antonio Meneses sowie Mitgliedern des Trio Wanderer und des Quatuor Ébène. Das Ensemble ist Preisträger der Fondation d'Entreprise Banque Populaire.
D'un Matin de Printemps
Ein langes Leben war ihr nicht vergönnt: Während ihre ältere Schwester Nadia bis in die 1970er-Jahre hinein im neunten Arrondissement von Paris einen weltoffenen Salon führte, in dem unter anderem Aaron Copland, Maurice Ravel, Arthur Honegger und Leonard Bernstein verkehrten, verstarb Lili Boulanger noch vor ihrem 25. Geburtstag. Von Kindes¬tagen an war Lilis Leben von Krankheit überschattet – und dennoch feierte sie grosse Erfolge: 1913 gewann sie als erste Frau den begehrten Prix de Rome, der mit einem Rom- Aufenthalt und -Stipendium verbunden war. Wenig später nahm sie der renommierte Ricordi-Verlag unter Vertrag und sicherte ihr Auskommen mit einem jährlichen Gehalt.
Etwa vierzig Werke hat Lili Boulanger hinterlassen. Die beiden im Charakter gegensätzlichen Zwillingswerke D’un soir triste und D’un matin de printemps entstanden um den Jahreswechsel 1917/18 und zählen zu den letzten vollendeten Stücken der Komponistin. Uraufgeführt wurden sie erst posthum. Auch wenn die Taktarten, Tonarten und Themen ähnlich sind, könnte der Ausdruck gegensätzlicher kaum sein. Stilistisch erinnert manches an den musikali¬schen Impressionismus Debussys, die überaus dissonanten Schärfungen der Akkorde weisen dagegen bereits auf die Musik Strawinskys voraus.
«Den grössten Genuss hatte ich am 20. Juni 1887, als ich endlich mal genug Kräfte fühlte, das wunderbar ergreifende Trio in c-Moll zu probieren. Welch ein Werk ist das! Genial durch und durch in der Leidenschaft, der Kraft der Gedanken, der Poesie», schreibt Clara Schumann in ihrem Tagebuch über das Trio op. 101 von Johannes Brahms – ein hymnisches Lob, das ganz im Einklang steht mit der grossen Popularität, die dieses Kammermusikwerk bis heute geniesst. Mit nur etwa 20 Minuten Spielzeit ist das c-Moll-Trio äusserst knapp gehalten. Der geringe zeitliche Umfang findet seine Entsprechung in einer überaus konzen-trierten Anlage und Gestaltung.
Zwei sehr unterschiedlich wirkende Themen stehen sich im ersten Satz gegenüber, sind letztlich aber aus dem-selben motivischen Material geformt. Das Tempo wird im zweiten Satz zu einem Presto non assai gesteigert, die Dynamik wird gleichzeitig auf ein Piano reduziert; damit entsteht ein spannungsvoll erregter Satz. Ein anmutiges Hauptthema, im Wechsel zwischen Klavier und Streichern vorgetragen, bestimmt das Andante. Auch das Finale wird von einem energischen Hauptthema dominiert. Eine raum-greifende C-Dur-Coda schliesst das Trio ab.
Sein Klaviertrio a-Moll schrieb Maurice Ravel zwischen April und Anfang August des Jahres 1914 in Saint- Jean-de-Luz, nicht weit entfernt von seinem Geburtsort Ciboure an der französisch-spanischen Grenze. Der unge-wöhnliche 8/8-Takt und die rhythmische Struktur des ersten Satzes verleihen dem Werk baskisches Kolorit, vor allem aber beeindrucken die orchestrale Fülle, der virtuose Anspruch und der sowohl rhythmisch wie harmonisch innovative Charakter.
Der zweite Satz bringt eine Überlagerung zweier verschiedener Taktarten, eine Form der Polymetrik, die an Igor Strawinskys Le sacre du printemps erinnert. Der exo-tische Titel «Pantoum» bezieht sich auf eine malaiische Dichtungs- und Vortragsform. Statt eines Scherzos platziert Ravel an dritter Stelle eine Passacaglia. Sie beginnt, ganz nach barockem Vorbild, über einem achttaktigen Bass-thema im Klavier, das anschliessend von den beiden anderen Instrumenten in Oktaven wiederholt wird. Das baskische Element kommt noch einmal im Finale zum Tragen. Ungewöhnliche Taktarten wie der 5/4- und der 7/4- Takt verleihen diesem Satz besonderen Reiz.