Widmann spielt Widmann – allein die Personalunion aus Komponist und ausführendem Musiker macht dieses Konzert zu einem Ereignis besonderer Art: Jörg Widmann ist zum einen einer der bedeutendsten Protagonisten zeitgenössischer Musik und Schöpfer eines überaus vielseitigen Œuvres, in dem Kammermusik von jeher einen zentralen Platz einnimmt, zum anderen ist der gebürtige Münchner ein international gefeierter Virtuose auf seinem Instrument.
Den Auftakt des Programms bildet ein Werk, das zum einen romantischen Wohlklang verströmt, zum anderen humoristische Pointen in Richtung «U-Musik», Tanz und Klezmer setzt: Die Fantasie für Klarinette solo ist tatsächlich das erste Stück, das sich Widmann für eigene Darbietungen auf den Leib schrieb. «In ihrer überdrehten Virtuosität und in ihrem heiter ironischen Grundcharakter reflektiert sie die Erfahrungen mit Strawinskys drei Stücken für Klarinette solo … und die klanglichen Neuerungen, wie sie erst mit Carl Maria von Webers Schreibweise für die Klarinette in die Musik kamen», so der Komponist.
Das neunte Streichquartett, chronologisch nach dem zehnten entstanden, ist das vorletzte Quartett eines Zyklus von Beethoven-Studien. Konkret nimmt es Bezug auf das epochale cis-Moll-Quartett op. 131 des Wiener Klassikers. Die musikalische Faktur der vier Sätze ist äusserst vielschichtig. Besonders gilt dies für das Scherzo und das Finale, deren Impuls- und Informationsdichte Widmann selbst humoristisch als «monströs geraten» beschreibt. «Wie bei den anderen Quartetten des Beethoven-Studie-Zyklus war für mich überraschend, welche neuen Formen mir die Beschäftigung mit dem historischen Vorbild ermöglichte, welche mir bislang verborgenen Seelenräume meiner eigenen Musik mir diese Arbeit erschloss.»
Den krönenden Abschluss bildet schliesslich ein Klarinetten-Klassiker par excellence, Wolfgang Amadeus Mozarts berühmtes A-Dur-Quintett. Entstanden ist dieses Werk aus der Freundschaft und unmittelbaren Nachbarschaft zu Anton Stadler, einem frühen Pionier der Klarinette. Das Quintett datiert auf den 29. September 1789; die Uraufführung folgte noch im Dezember desselben Jahres am Wiener Burgtheater in einem Weihnachtskonzert der Tonkünstler-Sozietät.
Der Zueignung an Stadler ungeachtet ist das Quintett kein auf äusseren Glanz getrimmtes Virtuosen-stück. Vielmehr herrscht über weite Strecken eine grosse musikalische Balance zwischen Klarinette und Streichern. Beispielhaft dafür ist der Kopfsatz: Anfangs umspielt die Klarinette floskelhaft das Hauptthema – im weiteren Verlauf kommt es zunehmend zu einer Verschmelzung der fünf Stimmen. Ähnlich verhält es sich mit dem Menuett und dem Finale, einem Variationensatz, der kontrastreich zwischen heiterem Kehraus und Lamento changiert. Eine Sternstunde für den Klarinettisten ist der langsame zweite Satz, der hier die gesanglichen Qualitäten seines Instruments zur äussersten Entfaltung bringen kann.